Ein Sony-OLED für gerade mal 1.550 Euro: Bei der „unverbindlichen Preisempfehlung“ ist der XR-55A75K der mit Abstand günstigste 55-Zöller in diesem Testfeld. Zum Vergleich: Der LG OLED55C27LA kostet satte 700 Euro mehr. Deshalb sind wir gespannt, wie der Japaner qualitativ da mithalten kann. Die beiden Füße lassen sich im Gegensatz zu anderen Sony-TVs nur außen montieren. Einen Schraubenzieher benötigt man nicht, sie werden einfach eingesteckt. Das TV-Möbel sollte mindestens 106 Zentimeter breit sein. Mit 5,3 Zentimeter fällt das Gehäuse angenehm schlank aus und unterstützt die VESA-Norm 300 x 300 mm.
Ausstattung und Praxis
Zu diesem Schnäppchenpreis haben wir beim XR-55A75K einige Lücken in der Ausstattung erwartet. Die gibt es aber nicht. So unterstützen zwei der vier HDMI-Ports den aktuellen Standard 2.1 mit Variable Refresh Rate (VRR), Auto Low Latency Mode (ALLM) und 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz. Wo die Konkurrenz Single-Tuner zum TV-Empfang verbaut hat, findet man an der Geräterückseite des Japaners jeweils doppelte Empfänger für Kabel, Satellit und DVB-T2, um während Aufnahmen auf USB-Festplatte freie Senderwahl zu genießen. Zeitversetztes Fernsehen (TimeShift) beherrschen Sony-Fernseher traditionell nicht. Um das Programm von vorne zu starten oder auch mal zu pausieren, hilft bei vielen öffentlich-rechtlichen Sendern jedoch ein Druck auf die blaue Taste der Fernbedienung. Beim Signalgeber vertraut der Hersteller leider nicht auf das aktuelle Modell seiner Top-Fernseher: Das Gehäuse besteht aus Kunststoff und nicht aus Aluminium, eine Beleuchtung fehlt und die Tasten kommen ohne Polyurethanbeschichtung aus. Trotzdem gelingt ein intuitives Handling. Nicht zuletzt deshalb, weil Android 10 durch einen hohen Bedienkomfort glänzt.
Die nächste positive Überraschung: Im 55-Zöller werkelt Sonys leistungsstarker Cognitive Processor XR und kein Triebwerk aus einem günstigeren Regal. So reagiert der Flachmann super flott, Netflix beispielsweise startet innerhalb eines Wimpernschlags. Zudem versucht der Prozessor, das Sehen und Hören des Menschen nachzuahmen. „XR Triluminos Pro“ erweitert darüber hinaus die Farbpalette für eine realistischere Darstellung, und „XR OLED Contrast Pro“ reguliert die Helligkeit für satteres Schwarz und größere Leuchtkraft – also für maximalen Kontrast.
Wer gerne streamt, freut sich über Chromecast, Apple AirPlay, Miracast und Bluetooth. Für Netflix-Streifen befindet sich ein spezieller Bildmodus an Bord, zudem unterstützt der Apparat IMAX Enhanced-Inhalte und verfügt über eine immense App-Auswahl. Hierzu gehören unter anderem HD+, DAZN, Rakuten TV, Amazon Prime Video, Apple TV+, Disney+ und Bravia Core, wo Nutzer neuerdings auch Filme ausleihen und kaufen können. Sprachbefehle verarbeitet Google Assistant über die Fernbedienung.
Zur Ausstattung gehören ferner Dolby Vision, Dolby Atmos, HLG und HDR10, nur HDR10+ fehlt. Klasse: Der A75K lässt sich mit der separat erhältlichen Bravia Cam nachrüsten, um den Apparat unter anderem mit Gesten zu steuern. Diese erkennt außerdem die Sitzposition des Zuschauers und passt Bild und Ton entsprechend an.
Sonys zweite Wahl: Bei dem günstigen Preis des Sony-OLEDs verwundert es nicht, dass die Japaner nicht ihre beste Fernbedienung mit Alu-Oberfläche und Beleuchtung beigelegt haben. Aber auch dieses Modell hat keine
nennenswerte Schwäche. Die Tasten reagieren präzise auf jeden Fingerdruck, ihre Anordnung lässt keine Fragen aufkommen.

Android 10: „Suche“, „Für mich“, „Filme“, „Serien“, „Apps“ und „Mediathek“ – die Benutzeroberfläche gestattet eine sehr intuitive Bedienung.

Perfektes Handling: Über die „Schnelleinstellungen“ kann man sofort Änderungen an Bild und Ton vornehmen sowie auf wichtige Parameter zugreifen.
Bild- und Tonqualität
Die Überraschungs-Show des XR-55A75K, der bei einigen Online-Händlern schon für etwas mehr als 1.300 Euro zu haben ist, geht auch bei unserer Bildmessung weiter. Wir haben mit deutlichen Helligkeitsdefiziten gerechnet. Aber weit gefehlt: In Spitzlichtern schafft der Sony im „Brillant“-Modus kurzzeitig bis zu 910 Candela und bleibt auch bei 50-prozentigem Weißanteil mit 400 Candela erstaunlich hell. Im „Standard“-Setting sind bis zu 780, im „Kino“-Modus bis zu 665 Candela drin. Im letztgenannten Setting leuchtet der 55-Zöller dann mit 312 bzw. 177 Candela, wenn sich der Helligkeitsanteil auf 50 bzw. 100 Prozent steigert. Weil der Flachmann nicht nur hell strahlt, sondern auch super sattes Schwarz mit perfekt homogen ausgeleuchteten Filmbalken darstellen kann, ergibt sich beim ANSI-Kontrast mit 10.800:1 der nächste hervorragende Wert. Ob Sie sich für die Farbtemperatur „Experte 1“ oder „Experte 2“ als beste Voreinstellung entscheiden, spielt absolut keine Rolle. Mit 6.896 bzw. 6.894 Kelvin liegen beide Settings extrem dicht beieinander.
Die Skaliereigenschaften des A75K sind gut, können aber mit den teureren OLEDs aus diesem Testfeld und der Sony-Range nicht ganz mithalten. Speziell im „Kino“-Modus sind die Farben sehr natürlich, im „Standard“-Modus sieht die Dokumentation „Berlin und Brandenburg von oben“ jedoch etwas weniger scharf und plastisch aus als auf anderen Geräten. Das ist freilich Kritik auf sehr hohem Niveau. Den „Brillant“-Modus sollte man wirklich nur verwenden, wenn man in extrem hellen Räumen die volle Panel-Helligkeit benötigt. Denn die Farben verfälschen den natürlichen Look. Mit HDR-Inhalten wiederum liefert er die mit Abstand dynamischste Optik, der Unterschied zu „Dolby Vision Hell“ ist eklatant und macht sich auch bei der Tiefenwirkung und beim Kontrast enorm bemerkbar.

Ein OLED halt: Wie fast alle Fernseher mit selbstleuchtenden Pixeln schneidet auch der Sony bei der SDR-Farbdarstellung hervorragend ab.

Noch mal stark: Auch im DCI-P3-Spektrum bei der HDR-Messung rutscht der 55-Zöller nicht aus. Die Messpunkte liegen jeweils exakt dort, wo sie hingehören.

Klasse: Der Sony lässt sich in einem Heimkino-System auch als Center-Lautsprecher verwenden. Twin-Tuner für
Kabel, Satellit und DVB-T2 sind in dieser Preisklasse ebenfalls nicht selbstverständlich. Und zwei der vier HDMI-Ports unterstützen für Gamer den Standard 2.1.
Deutlich authentischer, wenn auch nicht ganz so knallig, sehen die beiden Dolby-Vision-Settings aus. Faszinierend, wie die tauchenden Pinguine in der Netflix-Doku „Unser Planet“ von unzähligen kleinen Luftbläschen umgeben sind. Man fühlt sich wie vor einem riesigen Aquarium. Die unterschiedlichen Blautöne mit butterweichen Übergängen trifft der Sony dabei exakt. Hier gibt es keine unschönen Treppen oder abrupte Farbwechsel, alles gelingt fließend. Geschmeidige Bewegungen sind auf dem 55-Zöller ebenfalls kein Problem. Dank „Motionflow“, „Glätte“ und „Klarheit“ hat man drei Instrumente, um die Bewegungskompensation ganz auf die eigenen Vorlieben hin anzupassen. Die Blickwinkelstabilität ist ebenfalls vorzüglich, die Entspiegelung gelingt bei höherpreisigen Modellen erwartungsgemäß noch einen Tick besser.
Das 40 Watt starke Acoustic-Surface-Audio-System arbeitet mit zwei Breitband-Lautsprechern und zwei Aktuatoren, welche das Panel zum Vibrieren bringen und so den Klang erzeugen. Vorteil: Der Ton bewegt sich mit dem Bild. Ausgestattet ist der Flachmann mit „3D Surround Upscaling“: Dadurch erzeugt der Sony virtuellen seitlichen und vertikalen Raumklang. Ergebnis: Der Japaner spielt unangestrengt und erstaunlich souverän. Stimmen sind sehr klar zu verstehen. Mit der Klangfülle sind wir zufrieden, man spürt, dass auch auf seitlichen Sitzplätzen noch ein Akustik-Kokon aufgebaut wird. Und was ist mit Musik? Kann man gerne etwas lauter aufdrehen, nimmt einem der 55-Zöller überhaupt nicht übel.
Der Testbericht Sony XR-55A75K (Gesamtwertung: 89, Preis/UVP: 1.550 Euro) ist in audiovision Ausgabe 12-2022 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.